"Deutschland ist viel reicher, als die offiziellen Statistiken zeigen." Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern in einer umfangreichen neuen Studie, die die Entwicklung über mehr als ein Jahrhundert hinweg unter die Lupe nimmt.
Thilo Albers von der Humboldt-Universität, Charlotte Bartels vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Moritz Schularick von der Universität Bonn analysierten Statistiken über das Vermögen der Deutschen zwischen 1895 und 2018 und stellten fest, dass das es radikal unterschätzt wurde.
Insbesondere wurde das Vermögen in Form von Immobilien- und Unternehmensbesitz bisher unterschätzt, beweißt diese Studie. Der Grund dafür ist, dass nicht börsennotierte Unternehmen ihre Zahlen nicht immer melden müssen und daher manchmal viel wertvoller sind, als die Statistiken, die teilweise auf Buchwerten basieren, vermuten lassen.
Außerdem können Wertsteigerungen von Immobilien oft nur mit einer gewissen Zeitverzögerung weitergegeben werden. Insbesondere die hohen Preise in Ballungsräumen und Großstädten werden oft nicht realistisch wiedergegeben und als viel zu niedrig angesehen.
10 Quadrillionen Euro im Wert
Insgesamt haben Ökonomen errechnet, dass die Deutschen Immobilien im Wert von rund 10 Quadrillionen Euro (10.000.000.000.000.000 Euro) besitzen – zwei Quadrillionen mehr, als bisherige Statistiken vermuten ließen. Auch das Vermögen der Unternehmen ist mit vier Billionen doppelt so hoch wie in den offiziellen Statistiken angegeben.
Hinzu kommt, dass viele Länder ihre Immobilien zu Marktpreisen bewerten. Deutschland schätzt den Wert für Gebäude und Grundstücke aber getrennt, und die Kosten für das Gebäude werden mit späteren Investitionen und Abschreibungen ausgewertet. Das führt aber zu Wertverzögerungen, die nicht so schnell aktualisiert werden. Die Studie zeigt auch, dass sogar die Ballungsräume mit ihren hohen Preisen viel zu niedrig gewichtet sind.
Das oberste 1 Prozent – von damals
Auf den ersten Blick etwas unerwartet, ist das oberste 1 Prozent des Vermögens um die Hälfte gefallen ist, von fast 50 Prozent im Jahr 1895 auf heute 27 Prozent. Aber dieser Rückgang fußt weitgehend auf das Ergebnis von Veränderungen, die zwischen 1914 und 1952 stattfanden, hauptsächlich die Reichen umfassend und die die Entwicklungen van heute kaum wiedergeben.
Ein weiterer in der Studie genannter Grund für die Unterschätzung ist, dass die Erfassung des Vermögens bisher auf Umfragen beruht – und viele Menschen falsche Angaben gemacht haben. Die Allerreichsten nehmen ohnehin nicht an solchen Umfragen teil. Die neue Studie stützt sich außerdem auf andere Datenquellen, wie etwa eine umfangreiche Liste des deutschen "Manager Magazins".
Text: Jeremy Gray
Quelle: „Wealth and its Distribution in Germany, 1895-2018”, CESIfo Working Papers, Mai 2022