Was macht die Menschen in einer bestimmten Region glücklich? Laut Professor Gert-Jan Hospers sollte man bei der Wahl des richtigen Wohnortes auf keinen Fall auf die Top-Ten-Listen schauen. Er weiß, dass es bei der Lebensfreude um viel mehr geht als um die Annehmlichkeiten, die ein Ort bietet. Während seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften wuchs seine Faszination für die Geografie. Seit Anfang des Jahres ist er Gastprofessor für deutsch-niederländische Wirtschaftsbeziehungen am Zentrum für Niederlande-Studien in Münster.
"Deutschland war immer in der Nähe", sagt Hospers. "Ich bin in Grenznähe aufgewachsen, wir haben deutsches Fernsehen empfangen und waren oft dort im Urlaub. Da bekommt man von klein auf viel mit". Auch nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften blieb sein Interesse an der Grenzregion bestehen. "In der Wirtschaft geht es auch um räumliche und soziale Aspekte, das hat mein Interesse an der Geografie geweckt", sagt er. "Vieles wird von oben durch die Zentralregierung bestimmt, aber die Menschen aus der Region wissen, was los ist. Es ist wichtig, auf ihre Ideen zu hören". Er erklärt, dass man die Menschen und die Kultur kennenlernen muss, bevor man eine Region verstehen und für sie planen kann. "Es ist nicht möglich, etwas zu beurteilen, wenn man es nicht kennt - geschweige denn, sich für es zu begeistern". Auch die Imagebildung spielt eine wichtige Rolle. Hospers nennt das Beispiel von deutschen Unternehmern, die nach dem Krieg einen Standort für ihr Unternehmen suchten. "Oft wollten ihre Partner nach Bayern gehen. Sie hatten ein romantisches Bild von Süddeutschland. Aber dieses Bild ist natürlich nur ein Aspekt der Region", sagt Hospers. "Das deutsche Wort 'Heimat' ist bezeichnend: Es geht um mehr als eine schöne Umgebung."
Er selbst sieht sich als Grenzgänger. An der Radboud Universität in Nijmegen ist er seit 2009 außerordentlicher Professor am Fachbereich Geografie, Planung und Umwelt. Dort beschäftigt er sich mit wirtschaftlichen Themen in Städten und Regionen sowie mit Fragen des ländlichen Raums, vor allem in der deutsch-niederländischen Grenzregion. Der gebürtige Enscheder lebt nach Wanderjahren wieder in seiner Heimatstadt. Dort ist er außerdem Direktor der Stiftung Stad en Regio, die sich der Stadt- und Regionalentwicklung verschrieben hat, mit dem Ziel, Mehrwerte für Menschen zu schaffen. In seiner neuen Position als Gastprofessor für Wirtschaftsbeziehungen in Münster will er sich sowohl mit großen nationalen Themen wie der Energiewende als auch mit regionalen Projekten beschäftigen. Zum Beispiel mit der Frage, wie Innenstädte integrativer werden und zum Beispiel eine Rolle bei der Bekämpfung der Einsamkeit älterer Menschen spielen können. "Und das ist etwas anderes als einen Kaffeetisch in der Bibliothek aufzustellen". Vor allem aber will er eine Anlaufstelle sein und Menschen und Organisationen bei grenzüberschreitenden Projekten helfen. "Dieser grenzüberschreitende Aspekt ist wichtig", sagt er. Hospers sieht, dass Deutschland in bestimmten Bereichen mit den USA und Asien in hartem Wettbewerb steht. "Aber die Marke 'Made in Germany' ist unglaublich stark und Deutschland ist immer noch das Land der Ideen. Deutschland braucht Verbündete wie die Niederlande. Dazu muss man sich kennenlernen, sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene. Das möchte ich meinen Studierenden vermitteln."