Sobald die strategischen Aspekte der Nachhaltigkeit in den Vordergrund rücken, verändert sich die Stimmung im Unternehmen merklich. Wer es schafft, den Fokus von Compliance auf Zukunftssicherheit und Marktchancen zu verlagern, der macht den Weg frei für nachhaltige Innovationen.
Echte Erneuerung findet am Arbeitsplatz statt. Hierfür bedarf es kompetenter Mitarbeiter in allen Teilen der Organisation. Vom Entwicklungsingenieur bis zum Buchhalter – jeder muss Verantwortung für nachhaltigen Wandel übernehmen. Die Mitarbeiter, die sich dieser Verantwortung stellen, verfügen meist über ausgezeichnete Fachkenntnisse. Allerdings mangelt es ihnen zu Beginn häufig an erfolgskritischen Kompetenzen, die sie erst mühsam in der Praxis erwerben müssen.
Nachhaltigkeitskompetenzen
Dank verschiedener Studien in Europa und Nordamerika haben wir inzwischen einen guten Überblick über Nachhaltigkeitskompetenzen. Elf Kernkompetenzen haben sich hierbei herauskristallisiert. Mithilfe eines praxisnahen Kompetenzmodels ist es möglich, gezielte Maßnahmen zur Personal- und Teamentwicklung zu ergreifen.
Grundkompetenzen sind Pflicht
Mitarbeiter, die nachhaltige Innovationen vorantreiben, stehen häufig vor sehr komplexen Problemen (sogenannten ‚wicked problems‘). Sie müssen in der Lage sein, diese Herausforderungen ‚kritisch zu hinterfragen‘. Analytisches Denken, Systemdenken, ethisches Denken und Denken in Zukunftsperspektiven bilden zusammen ein Bündel mit Grundkompetenzen. Diese sind schlichtweg notwendig, damit Mitarbeiter ihrer Rolle überhaupt gerecht werden können. Allerdings sind sie bei Weitem nicht ausreichend, um nachhaltigen Wandel erfolgreich zu etablieren.
Interventionskompetenzen sind Kür
Interventionskompetenzen beschreiben das Vermögen, um gemeinsam mit Stakeholdern nachhaltige Innovationen zu entwickeln und diese erfolgreich zu implementieren. Es können drei Kompetenzcluster unterschieden werden:
1. Konstruktiv zusammenarbeiten
Nachhaltigkeitsthemen sind häufig so komplex, dass zur Entwicklung nachhaltiger Innovationen ein hohes Maß an Zusammenarbeit erforderlich ist. So ist es nicht verwunderlich, dass hiermit verknüpfte Kompetenzen in Studien am häufigsten benannt werden. Konstruktive Zusammenarbeit besteht aus einem ganzen Bündel unterschiedlicher Fähigkeiten wie beispielsweise dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens. Für die gezielte Personalentwicklung ist ein tiefgreifendes Verständnis dieses komplexen Kompetenzclusters unerlässlich.
2. Kreativ werden (Unternehmergeist)
Erfolgreicher Wandel fragt um Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen und Mut beweisen. Sowohl in bekannten Unternehmen, wie Philips, Heidelberger Materials und BASF, als auch im öffentlichen Dienst bin ich auf das Phänomen des ‚nachhaltigen internen Unternehmertums‘ gestoßen. Diese wichtige Kompetenz besteht aus fünf verschiedenen Elementen. Hierzu gehören bspw. die Fähigkeit, Chancen zu ergreifen (Opportunity Seeking) sowie das Arbeiten mit begrenzten Ressourcen (Bricolage). Für mich persönlich besteht kein Zweifel daran, dass die Stärkung des internen Unternehmertums ein wesentlicher Bestandteil von nachhaltigen Zukunftsstrategien sein muss!
3. Smart implementieren
Erfolgreiche Implementierung erfordert die Fähigkeit, Wiederstand zu mildern und den Implementierungsprozess zu begleiten. Nachhaltigkeitsmanager sollten deshalb vertraut sein mit Praxisinstrumenten der strategischen Organisationsentwicklung. Des Weiteren bin ich in meiner Forschung auf unzählige Beispiele für die große Bedeutung von strategischer Planung und wohlüberlegtem Timing gestoßen. Dies sind Elemente einer strategische Kompetenz. Hiermit eng verbunden ist die Fähigkeit um wichtige Stakeholder zu beeinflussen (diplomatische Kompetenz). Während eines Forschungsworkshops brachte ein sehr erfahrener und erfolgreicher Nachhaltigkeitsmanager den strategisch-diplomatischen Ansatz auf den Punkt: „Manchmal muss man das Gebäude durch den Haupteingang verlassen, um später durch ein Fenster wieder hineinzuklettern!“
Kompetenztraining und Teamentwicklung
Wer nachhaltigen Wandel beschleunigen will, der investiert in seine Mitarbeiter. Das Kernkompetenz-Kleeblatt und die dazugehörigen Testinstrumente eignen sich hervorragend als Basis für die Rekrutierung von Fachkräften sowie für die gezielte Personal- und Teamentwicklung. Der größte Effekt wird durch eine praxisnahe innerbetriebliche Weiterbildung erzielt. Erfahrungsaustausch in Netzwerken und persönliches Coaching runden eine perfektes Entwicklungsangebot ab.
Nachhaltigkeitskompetenzen sind der Schlüssel, um im Zeitalter nachhaltiger Innovationen aus Mitarbeitern echte Leistungsträger zu machen.
Über den Autor
Dr. Ronald Venn ist Betriebswirt und Wirtschaftspsychologe. Er promovierte am Lehrstuhl für Strategisches Management der Universität Hamburg und forschte an der Open Universiteit zum Thema Nachhaltigkeitskompetenzen.
Als Gründer des Beratungsunternehmens Leichtkraft unterstützt er Organisationen in Deutschland und den Niederlanden bei der Entwicklung strategischer Transformationsprogramme. Darüber hinaus hat er innovative Trainingsmodule und Testinstrumente für die interne Personalentwicklung entwickelt.
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