Deutsche Hersteller von Nahrungsmittelmaschinen können ihre Position in Marokko ausbauen. Mit marokkanischen Partnern lassen sich auch andere Länder der Region erschließen.
Auch in Marokko steht seit der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine das Thema Ernährungssicherheit weit oben auf der politischen Agenda. Um Importe substituieren und Exporte von Nahrungsmitteln ausweiten zu können, muss das Land jedoch die Kapazitäten zur Verarbeitung und Veredlung von Agrarprodukten massiv ausbauen beziehungsweise modernisieren.
Der spezialisierte deutsche Maschinen- und Anlagenbau sollte diesen Moment für seine Kooperations- und Absatzbemühungen nutzen. Aktuell sind die deutschen Lieferungen von Maschinen und Anlagen zur Verarbeitung und zum Kühlen von Nahrungs-, Genussmitteln und Getränken mit einem durchschnittlichen Jahreswert von 11 Millionen Euro überschaubar.
Marokko will mehr Nahrungsmittel selbst herstellen
Das marokkanische Institut für strategische Forschung (Institut marocain d’intelligence stratégique - IMIS) betont, dass die Agrar- und Ernährungswirtschaft zwar einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftskraft des Landes leistet. So erwirtschaftet der Sektor mit derzeit 30 Milliarden marokkanischen Dirham pro Jahr (2,74 Mrd. Euro; 1 Euro = 10,95 MAD) 26 Prozent des Gewinns der gesamten verarbeitenden Industrie – nicht zuletzt mit dem Export von Nahrungsmitteln.
Dennoch ist das Königreich eines der Länder mit der weltweit höchsten Importabhängigkeit bei Grundnahrungsmitteln. Um die Außenhandelsbilanz zu verbessern, hat die Regierung vor einigen Jahren landwirtschaftliche Förderprogramme wie den "Plan Maroc Vert" und die "Génération Verte" aufgelegt. Diese Bemühungen haben zwar zu höheren Ernteerträgen geführt. Es fehlt jedoch an ausreichenden modernen industriellen Verarbeitungskapazitäten, um aus den gestiegenen Produktionsmengen auch mehr veredelte und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel herzustellen.
Welche Unternehmen als Kunden in Frage kommen
Die Zahl der potenziellen Maschinenkäufer liegt landesweit bei etwa 100 Unternehmen. Mehr Betriebe wären an Investitionen interessiert, benötigen dafür aber öffentliche oder andere externe Finanzierungshilfen. Der Agrar- und Ernährungswirtschaft werden zwar rund 2.000 Unternehmen mit insgesamt 150.000 Beschäftigten zugerechnet. Dabei handelt es sich jedoch zu 95 Prozent um kleine bis mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als 200 Mitarbeitenden. Diese KMU sind ohne externe Unterstützung finanziell kaum oder gar nicht in der Lage, moderne Maschinen und Anlagen anzuschaffen.
Zu den 100 potenziellen Käufern gehören marokkanische Großunternehmen wie Diana Holding, Holmarcom, Unimer und Koutoubia sowie multinationale Unternehmen wie Nestlé, Coca-Cola, Savola und Centrale Danone, die in Marokko produzieren. Zusammen erzeugen die 100 Unternehmen etwa 55 Prozent der verarbeiteten Nahrungsmittel.
Die Konzerne importieren einen erheblichen Teil der landwirtschaftlichen Produkte, die in ihren marokkanischen Produktionsstätten weiterverarbeitet werden, darunter Mehl und Mehlprodukte, Tabak und Zutaten für Süßgetränke. Um den Anteil der importierten Vorprodukte an der gesamten Nahrungsmittelproduktion zu reduzieren, sind laut IMIS mehr Investitionen in die Modernisierung der Landwirtschaft und der kleinen und mittleren Nahrungsmittelverarbeitung notwendig.
Mit marokkanischen Ingenieuren weiter nach Afrika
Ansatzpunkte für Absatzsteigerungen finden deutsche Maschinenhersteller aber auch in der Kooperation mit marokkanischen Ingenieurbüros, die Nahrungsmittelfabriken nicht allein im eigenen Land, sondern auch in anderen afrikanischen Ländern planen und den Bau überwachen. Hierfür werden Maschinen und Anlagen gebraucht, die nicht zuletzt von ausländischen Anbietern gekauft werden.
Zu den marokko- und afrikaweit operierenden Ingenieurbüros gehört N2A Industry. Seit seiner Gründung vor mehr als zehn Jahren hat sich N2A Industry auf die Planung und den Bau von schlüsselfertigen Fabriken für die Lebensmittelindustrie spezialisiert. Bisher hat das Unternehmen 6 Fabriken gebaut, ca. 30 Maschinen individuell entworfen und gefertigt sowie 4 Beratungen zur industriellen Leistungsfähigkeit durchgeführt.
Zu den Kunden zählen Diana Holding, Sanam Holding, Conserverie Nora, KBA Holding oder auch die Agentur für die Förderung und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Südprovinzen des Königreichs Marokko. Derzeit arbeitet N2A Industry an Projekten in Mauretanien, Mali, auf den Komoren und im Senegal. Das Konstruktionsbüro ist auch dabei, verschiedene Maschinen "made in Morocco" herzustellen, insbesondere Bündelpacker, Abfüllmaschinen und Verkorkungsmaschinen.
Anlaufstellen für den deutschen Maschinenbau
Exportinitiativen sollten den potenziellen Beitrag des deutschen Anlagen- und Maschinenbaus zur Produktionssteigerung herausstellen. Adressaten hierfür könnten neben Regierungsvertretern die relevanten Industrieverbände sein. Neben den überregionalen Industrieverbänden existieren Verbände und verbandsähnliche Zusammenschlüsse der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie auf regionaler und kommunaler Ebene. Diese leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung ihrer Mitgliedsfirmen.