Republik Baschkortostan schafft Logistik-Vorteil: Hohe Investitionen für Erdölverarbeitung / Investoren für ein Holzverarbeitungswerk und eine Ledergerberei gesucht

05.04.2009

Die im Ural gelegene Republik Baschkortostan ist eines der wichtigsten Industriezentren Russlands. Sie ist reich an Erdöl und besitzt ein gut entwickeltes verarbeitendes Gewerbe. Bei der landwirtschaftlichen Erzeugung liegt das Gebiet mit vier Milllionen Einwohnern an dritter Stelle in ganz Russland. Jetzt will die politische Führung die Lage als Knotenpunkt zwischen Europa und Asien nutzen und wirbt um Logistikinvestoren.

Präsident Murtasa Rachimow will auch die Holz- und die Lederverarbeitung ankurbeln. Baschkortostan pflegt gute Beziehungen zu Deutschland. Es besteht seit 1992 eine Partnerschaft zum Freistaat Sachsen und bald schon wird es in Ufa (Hauptstadt der Republik) ein Deutsches Haus geben. Rund 30 Millionen US-Dollar soll das Projekt kosten. Ein erster Teil des Komplexes existiert bereits. Dort hat VW ein großes Verkaufs- und Servicezentrum eingerichtet. Ab August 2009 soll die Arbeit am zweiten Bauabschnitt beginnen. Der Betreiber, das World Trade Center, plant ein Businesszentrum mit Büroräumen für 1.200 Mitarbeiter, 100 Parkplätzen und Ausstellungsräumen.

 

Printprodukte könnten Exportschlager werden

Die Chancen, dass sich Interessenten für den neuen deutsch-baschkirischen Komplex finden, stehen gut: Deutsche Firmen gehören zu den sechs wichtigsten Auslandsinvestoren der Republik. 28 Unternehmen aus der Bundesrepublik sind vor Ort. Andere punkten im Export- oder Dienstleistungsgeschäft. Dazu gehört etwa die deutsche Manroland AG. Russland-Chef Michael Baier und seine Kollegen haben im Dezember 2008 eine Rotoman-Anlage für den Magazindruck in Betrieb genommen. 

Bis Dezember 2008 hat Baschkortostan sämtliche Journale in hoher Qualität importiert, künftig könnten Printprodukte zum Exportschlager werden: Mit der neuen Anlage kann der staatlich-republikanische Verlag Baschkortostan pro Stunde 55.000 DIN-A4-Magazinseiten drucken. 

Die Anlage wird permanent online von Deutschland aus überwacht. Deutsche Service-Mitarbeiter haben Zugriff aufs Warenlager. Sollte in der östlichsten Stadt Europas ein Steuerelement ausfallen, wird Stunden später das Ersatzteil versandt.

Die Investitionen in neue Anlagen gehen in Baschkortostan ansonsten in erster Linie vom Öl- und Ölverarbeitungssektor aus. Zwischen 2008 und 2010 investieren die drei Unternehmen Ufaneftechim, Novoil und Ufa NPZ 38,3 Milliarden Rubel (über eine Milliarde Euro) in die Fertigstellung eines Werkes für katalytisches Cracken, in die Erzeugung von Treibstoff des Euro-5-Standards und in eine hohe Veredelung des schwarzen Goldes. 

Der Stromerzeuger Baschkirenergo investiert im selben Zeitraum 2008 bis 2010 umgerechnet zirka 235 Millionen Euro in die Modernisierung alter Anlagen und den Bau neuer Kraftwerke.

Die Firma Lasselsberger aus Österreich hat zwischen 2006 und 2009 umgerechnet über 120 Millionen Euro für den Bau eines Keramikwerkes ausgegeben. Die Produktionsanlage verfügt über Kapazitäten für 20 Millionen Kubikmeter Keramik- und Marmorfliesen. In dem neuen Werk sind 450 Mitarbeiter beschäftigt.

 

2008: 27 Prozent plus beim Wohnungsbau

Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise wuchs das baschkirische Bruttoregionalprodukt 2008 um reale acht Prozent auf 21,9 Milliarden Euro. Ein wichtiges Plus: Entgegen des Negativtrends beim Wohnungsbau in den Metropolen Moskau und Sankt Petersburg wurden in Baschkortostan 2008 fast 27 Prozent mehr Wohnraum fertiggestellt als im Vorjahr. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 19,1, Großhandelsumsätze um 15,3 Prozent. Große russische Einzelhandelsketten aber auch ausländische Anbieter wie etwa die deutsche Metro sind vor Ort.

Die Erdölförderung und -verarbeitung, die Chemieindustrie und Landwirtschaft sind natürlich in der Republik am Südural stark entwickelt. Ein Drittel des baschkirischen Gebietes ist mit Wald bedeckt. Moderne Werke zur Holzverarbeitung wie etwa zur Produktion von DSP-Platten gibt es allerdings nicht, selbst Papier muss importiert werden. Die Republik ist daher an einem Investor im Bereich Holzverarbeitung interessiert - zumal der Möbelriese Ikea Ende Dezember 2009 seine erste Verkaufsfiliale in Ufa eröffnen will. „Wir haben mit Ikea verhandelt, der Konzern würde einen Teil aus regionaler Produktion abnehmen“, sagt Albert Safarow, Investitionskoordinator beim baschkirischen Ministerium für Außenwirtschaft, Handel und Unternehmertum.

 

Investor ohne regionale Steuern

Zusätzlich will sich die Regionalverwaltung für den Ausbau der Lederindustrie stark machen. „Wenn ein Investor aus diesem Bereich kommt, würden wir ihn von allen regionalen Steuern befreien“, verspricht etwa Präsident Murtasa Rachimow. In der Region werden Pferde und Rinder gezüchtet. Moderne Gerbereien zur Weiterverarbeitung von Tierhäuten gibt es jedoch ebenfalls nicht.

Ein Hauptaugenmerk legen die Regionalentwickler auf die Entwicklung des internationalen Flughafens Ufa, der zu einer bedeutenden Logistikdrehscheibe ausgebaut werden soll. Bereits heute gibt es dort zwei Start- und Landebahnen. Das Flughafengebäude wurde neu renoviert. In einem Radius von 500 Kilometer gibt es keinen ähnlich großen Standort. Diesen Vorteil wollen die Baschkiren nutzen. Rund um den Flughafen werden Logistikzentren errichtet, der erste Bauabschnitt ist fertig. Die Phasen zwei und drei sollen folgen. Auf dem Flughafengelände entsteht ein Industriegebiet, das internationale Investoren mit einem Paket von Vergünstigungen anlocken soll. Waren aus Asien oder Westeuropa können dort etwa zollfrei zwischengelagert werden, um dann an den endgültigen Bestimmungsort jenseits oder diesseits des Urals oder nach Zentralasien geflogen zu werden.

 

Bernd Hones, 

Germany Trade and Invest, Moskau

Quelle: Russland Aktuell 14/2009