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Ausländische Investitionen in Kuba: Weniger ist mehr

10.11.2024

Die Regierung stellt im Rahmen der Handelsmesse ihr Investitionsportfolio vor. Die Zahl der Projekte wurde reduziert; sie sollen vor allem realisierbar sein.

Ausländische Investitionen bleiben eine Priorität der kubanischen Regierung. Man müsse die bestehenden Probleme anerkennen, um sie gemeinsam zu lösen. Das sagte Kubas Minister für Außenhandel und Auslandsinvestitionen, Oscar Pérez-Oliva Fraga, zur Eröffnung des 7. Investitionsforums im Rahmen der Handelsmesse FIHAV 2024 Anfang November in Havanna, die nach zwei Tagen wegen der Auswirkungen des Hurrikans Rafael vorzeitig beendet werden musste.

Die Energie- und Treibstoffkrise sowie die Effekte der US-Blockade, vor allem auf Finanztransaktionen, belasten nicht nur Kubas Wirtschaft, sondern auch seine Partner und Investoren, erklärte Pérez-Oliva Fraga, der sein Amt im Mai von Ricardo Cabrisas übernommen hatte, vor Regierungsvertretern, ausländischen Geschäftsleuten und anderen Gästen. Auch der Einbruch der heimischen Produktion habe Auswirkungen auf ausländische Investoren, so der Minister weiter, und verwies auf das Beispiel des Produktionsrückgangs in der kubanischen Zuckerindustrie. Investoren im Bereich Lebensmittelherstellung benötigen zum Teil Zucker, dieser aber sei nicht in ausreichenden Mengen verfügbar und müsse nicht selten von Investoren importiert werden, was deren Kosten erhöhe und die Produktion erschwere.
Pérez-Oliva Fraga verwies auf die „Regierungsprojektionen zur Korrektur von Abweichungen und zur Ankurbelung der Wirtschaft“, wie die Regierung es nennt. Dazu zählen das sogenannte makroökonomische Stabilisierungsprogramm, die Erhöhung der Auslandseinnahmen, die Ankurbelung der Inlandsproduktion, die Entwicklung des Wirtschaftssystems, die Umstrukturierung des Außenhandels sowie der Schutz der heimischen Industrie. Diese Projektionen stellten Geschäftsmöglichkeiten für ausländisches Investment dar, erklärte der Außenhandelsminister.

Ernüchternde Zahlen

Die nackten Zahlen aber sprechen derzeit eine andere Sprache. Laut Pérez-Oliva Fraga werden in diesem Jahr weniger Investitionsprojekte genehmigt als 2023. Waren es im vergangenen Jahr noch 42 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 484 Millionen US-Dollar, erhielten in diesem Jahr bis Ende Oktober 21 Projekte für insgesamt 58,5 Millionen US-Dollar grünes Licht, davon sechs im Tourismussektor, sechs in der Lebensmittelindustrie und vier im Großhandel. An drei der Projekte sind im Ausland lebende Kubaner beteiligt. Bis Ende des Jahres würden wohl rund 30 Projekte genehmigt, prognostizierte der Minister. Aktuell gebe es im Land 358 Geschäfte mit ausländischem Kapital, an denen Unternehmer aus 44 Ländern beteiligt sind, davon 52 in der Sonderwirtschaftszone Mariel (ZEDM). Knapp ein Drittel der Projekte – 112 – sind Joint Ventures, 62 Projekte mit 100 Prozent ausländischem Kapital. Fast die Hälfte der 358 Geschäfte – 45 Prozent – sind im Tourismus angesiedelt, elf Prozent in der Lebensmittelindustrie, zehn Prozent in der Industrie und acht Prozent im Energiesektor. Pérez-Oliva Fraga erwähnte einige Indikatoren für das Auslandsinvestitionsgeschäft. Demnach werden mehr als 45.000 Arbeiter durch Unternehmen mit ausländischem Kapital beschäftigt. Das bereits investierte Kapital beträgt landesweit mehr als zehn Milliarden US-Dollar, in der ZEDM mehr als zwei Milliarden US-Dollar.
Aber die bislang geflossenen ausländischen Investitionen seien „zu wenig für das, was das Land benötigt”, sagte Pérez-Oliva Fraga. Zudem gäbe es zahlreiche Industriekapazitäten im Land, die wegen fehlender Investitionen nicht genutzt werden. Der Minister verwies darauf, dass vor allem im Lebensmittelsektor, aber auch im Bereich Biotechnologie die Hürden für den Einstieg von ausländischen Investoren gesenkt worden seien.

Bereits seit einigen Jahren drängt die Regierung in Havanna darauf; die Genehmigungsverfahren für ausländische Investitionen zu straffen und zu vereinfachen, und hat dafür das „One-Stop-Shop“-Verfahren für ausländische Investitionen (spanisch: Ventanilla Única de Inversión Extranjera, VUINEX) geschaffen, zu erreichen unter der Webadresse: www.vuinex.mincex.gob.cu. Man sei nicht zufrieden mit den Resultaten, erklärte der Minister, betonte aber zugleich, dass das One-Stop-Verfahren eine wichtige Rolle spiele. Um ausländisches Investment anzuziehen, sollen es neben der Vereinfachung der Verfahren und der zu liefernden Dokumentation eine Dezentralisierung von Befugnissen und Funktionen zur Genehmigung neuer Unternehmen geben, sowie Anreize und zusätzliche Erleichterungen für Unternehmen gewährt werden. Auch soll nach den Worten des Ministers die Beteiligung der Landkreise (municipios) an den Prozessen zur Anwerbung ausländischer Investitionen erhöht werden.

Neuer Investitionskatalog vorgestellt

Die Geschäftsmöglichkeiten für ausländische Investoren sind im Investitionsportfolio gebündelt, das die kubanische Regierung jedes Jahres im Rahmen der Handelsmesse FIHAV vorstellt. In der aktuellen Ausgabe, die online unter der Webadresse https://inviertaencuba.mincex.gob.cu/es/ aufgerufen werden kann, gibt es erstmals seit 2019 einen Rückgang der ausgeschriebenen Projekte gegenüber dem Vorjahr. Gewissermaßen hat ein neuer Realismus Einzug gehalten. „Es sind weniger Projekte; sie müssen realisierbar sein“, sagte Pérez-Oliva Fraga.

In dem neuen Investitionskatalog finden sich 607 Projekte – davon 39 in der ZEDM – gegenüber 729 im Vorjahr. Neu aufgenommen wurden 73 Projekte; 195 wurden zurückgezogen, weil einige bereits verhandelt wurden, einige derzeit verhandelt werden oder einige einen neuen Entwurf erforderten; 180 wurden neu bewertet, um unter anderem Änderungen in Bezug auf den Umfang, die Beschreibung, die Modalitäten und den Investitionsbetrag vorzunehmen. Achtzig Projekte wurden von lokalen Regierungen eingereicht, zur Ankurbelung der Produktion von Waren und Dienstleistungen in den Landkreisen, wo die ausländischen Direktinvestitionen zur lokalen Entwicklung beitragen sollen. Das Gesamtinvestitionsvolumen des Portfolios ist mit 34 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert.

Die Nahrungsmittelproduktion ist nach wie vor der am stärksten vertretene Sektor, wenn man die Anzahl der Projekte im Portfolio betrachtet. Zahlreiche Projekte (z.B. im Bergbau) hätten zudem die Erlaubnis zum Export, so der Minister, was es den Unternehmen erlaube, ihre Investitionen zu refinanzieren.

ZED Mariel im Fokus

Als priorisiert gelten 128 Projekte, darunter 41 in der Lebensmittelindustrie, 24 in der Industriefertigung, 20 in der Zuckerwirtschaft und 11 im Tourismus. Sie haben das Potenzial, Deviseneinnahmen zu erzielen, vor allem durch Exporte und verfügen nach Angaben der Regierung über einen technischen Vorbereitungsstand, der es ermöglicht, ihre Realisierung rascher voranzutreiben.

Eine der Prioritäten bleibt die Sonderentwicklungszone Mariel. Alle 39 für Mariel ausgeschriebenen Projekte gelte als priorisiert. Geht es nach der kubanischen Regierung, soll die ZEDM zur Logistikdrehscheibe in der Karibik werden. Wichtigste Sektoren für die ZEDM sind Logistikdienstleistungen, Biotechnologie, die biopharmazeutische Industrie und die fortschrittliche Fertigung. Im vergangenen Jahr hat die Firma PAMAS S.A. als erstes deutsches Unternehmen eine Niederlassung in Mariel zur Herstellung von Hydraulikkomponenten eröffnet. Trotz Fortschritten in der ZEDM ist Kuba von seinem Ziel, jährlich 2,5 Milliarden US-Dollar an ausländischem Kapital anzuziehen, weit entfernt.

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