Die deutsche Wirtschaft kommt ohne Hidden Champions nicht aus. „Made in Germany“ garantiert solide Maschinen. Aber wer wird sie kaufen, wenn die Maschinen nicht mehr mit der digitalen Welt mithalten können?
Text: Peter van Harten
Eine neue deutsch-niederländische Initiative, das Fieldlab "Machinery of the Future", arbeitet an einer „Maschine der Zukunft“. In diesem Bereich sind wir derzeit führend in der ganzen Welt. Aber ob das so bleibt, bleibt abzuwarten.
Denn die Maschine der Zukunft ist alles andere als Science Fiction – sie wird schon bald Realität. Zu diesem Zweck werden jetzt wichtige Schritte unternommen, wenn es darum geht, wie wir in Zukunft Maschinen entwickeln, bauen, warten und letztendlich recyceln.
Führende Rolle dank deutsch-niederländischer Zusammenarbeit
Der Maschinen- und Anlagenbau ist nach der Automobilindustrie der zweitwichtigste Sektor Deutschlands. Mit einem Jahresumsatz von fast 230 Milliarden Euro und über 1,4 Millionen Arbeitsplätzen ist dies der Exportmotor der deutschen Wirtschaft, mit vor allem Familienunternehmen und vielen Hidden Champions, d.h. führend in ihrem jeweiligen Marktsegment. Wunderbare Unternehmen mit brillanten Produkten, aber wie lange können sie diese weiter herstellen, wenn Produktivität, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit dahinter zurückbleiben?
Auch in den Niederlanden wächst dieser Hightech-Sektor jedes Jahr stark. Die Niederländer sind heute Meister der Systemintegration und damit meine ich: Wir sind in der Lage, für jede Herausforderung eine passende Lösung zu finden und diese auch wettbewerbsfähig zu produzieren, dank der Kraft der Zusammenarbeit und der offenen Innovation in der Kette. Die Niederlande und Deutschland können sich in dieser Hinsicht gegenseitig stärken.
Kenntnisse in verschiedenen Disziplinen unerlässlich
Die Maschinenbauer stehen vor vielen Herausforderungen. Neben den steigenden Energiekosten, dem Mangel an Fachkräften und der rechtzeitigen Lieferung der benötigten Materialien wird die Bewältigung der Komplexität immer mehr zur großen Herausforderung. Um technologisch führend zu bleiben, sind Kenntnisse in verschiedenen Disziplinen erforderlich. Künstliche Intelligenz, moderne Softwareentwicklung, Sensortechnologie und Cybersicherheit werden immer relevanter. Als KMU wird es daher immer komplizierter, in all diesen Bereichen ein Experte zu sein und auch die richtigen Leute zu finden. In der Tat: Konzentration und Zusammenarbeit sind der Schlüssel!
Zukunft des Maschinenbaus im niederländisch-bayerischen Feldlabor
Deshalb wird Anfang Dezember im Clean Tech Innovation Park (CITP) in Hallstadt bei Bamberg dieses besondere Fieldlab eröffnet. Auf dem Gelände der ehemaligen Michelin-Fabrik, in der bis vor kurzem noch Reifen produziert wurden, wird der Grundstein für den Maschinenbau der Zukunft gelegt, der uns helfen wird, in der Welt führend zu bleiben.
In diesem Feldlabor bündeln wir Wissen und Erfahrung aus den Niederlanden und Bayern auf dem Gebiet der modernen Softwareentwicklung, Systemintegration und des Maschinenbaus und arbeiten gemeinsam an der Maschine der Zukunft. Es wird eine physische Maschine auf der CTIP geben und auch einen digitalen Zwilling (eine digitale Version der Maschine) auf dem Brainport Industries Campus in Eindhoven.
Fieldlab-Umsetzung des Technologie- und Innovationspakts
Das Projekt ist eine konkrete Umsetzung des Anfang 2021 unterzeichneten deutsch-niederländischen Technologie- und Innovationspakts. Beide Länder haben sich daher gegenseitig erklärt, in den Bereichen Mobilität, Smart Industry, Energie und Schlüsseltechnologien intensiv zusammenzuarbeiten mit dem Ziel, weltweit führend zu bleiben.
Schnell, nachhaltig und anpassungsfähig
Die bayerisch-niederländische digitale Maschine kann eine entscheidende Rolle bei der Stärkung unserer Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit spielen. Mit intelligenten, modernen Software-Tools können viele Dinge bereits in der Entwurfsphase berücksichtigt werden und Sie können auch simulieren. Auf diese Weise sind wir in der Lage, Maschinen nicht nur schneller, sondern auch mit weniger Material, weniger Energieverbrauch, weniger Investitionen und weniger Risiko zu entwickeln. Bei der Entwicklung berücksichtigen wir bereits mögliche neue zukünftige Anwendungen.
Dies wird den Lebenszyklus der Maschine verlängern. Intelligente Tools sorgen dafür, dass wir kontinuierlich überwachen können, ob die Maschine ordnungsgemäß funktioniert, und wir können eine angemessene (Fern-)Wartung durchführen. Aber wir sorgen auch dafür, dass wir die Maschine der Zukunft auf die intelligenteste Weise produzieren. Wir bringen all diese modernen neuen Werkzeuge in einer modernen Softwareplattform zusammen, die jeder Maschinenbauer als Grundlage für seine neue Maschinengeneration nutzen kann.
Auf dem Weg zur strategischen europäischen Autonomie
Auf diese Weise unterstützen wir die Maschinenbauer bei diesem großen Innovationssprung und verhindern, dass jedes Unternehmen das Rad selbst erfinden muss. Gemeinsam mit Deutschland identifizieren wir auch neue Wertschöpfungsnetzwerke im Maschinenbau, die wir so weiter digitalisieren können. Die bayerisch-niederländische digitale Maschine der Zukunft bringt Europa der strategischen Autonomie ein Stück näher.
Text: Peter van Harten, Geschäftsführer, Isah Gmbh; Botschafter, Smart Industry Programm; Autor des Buchs “Dein Unternehmen braucht einen Datenstecker“
Foto: Adobe Stock