Innovation
Mobilität

Neue Formen der Mobilität

21.02.2024

Wie wird die Mobilität der Zukunft aussehen? Darüber sprachen wir mit Frans Tillema, Lektor für intelligente Mobilität an der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen (HAN). Der Niederlander zufolge sind reale Begegnungen der Hauptgrund, um von A nach B zu kommen - darauf sollte sich die Mobilität der Zukunft ausrichten.

 "Das bedeutet, den Zug oder das Auto nur dann zu nehmen, wenn ein Treffen wirklich einen Mehrwert bringt", sagt er. Tillema ist der Meinung, dass Besprechungen und Kooperationen auch aus der Ferne digital gut funktionieren können. "So vermeidet man unnötiges Pendeln und damit volle Straßen, Züge und Radwege." 

Dies erfordert jedoch Anpassungen. Tillema sieht die Vorreiterrolle sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik. "Arbeitgeber können mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie anfangen, sich bewusst zu überlegen, ob sie selbst physisch irgendwo anwesend sein müssen – diese guten Beispiele können dann auch von der Belegschaft in gängige Praxis umgesetzt werden. Darüber hinaus helfen Richtlinien zur CO₂-Registrierung beim Pendeln. Denn diese machen Alternativen wie öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradfahren oder das Abreiten aus dem Homeoffice attraktiver."   

Neue Formen, neue Wege  

An der HAN, wo Tillema eine große Forschungsgruppe leitet, beschäftigt man sich intensiv mit neuen Formen der Mobilität. "Wir versuchen, die Studierenden an den großen Herausforderungen unserer Zeit teilhaben zu lassen", erklärt er. "Und das immer mit Blick auf die Gesellschaft und Nachhaltigkeit – denn der Slogan der HAN lautet: 'smart, clean and social'." Dies ist laut Tillema der Nährboden für große Projekte und sickert, so der Dozent, in alle Studiengänge hinein.   

Und von der Hochschule auch in die Gesellschaft. "So ist die Polizei an uns herangetreten, um eine Lösung für ihren Parkplatzmangel zu finden", gibt Tillema als Beispiel an. "Unsere Studierende haben sich mit der Problematik befasst und schließlich eine App entwickelt, die auch Aufschluss über CO₂-Emissionen gibt. Spielerich ermutigt sie die Menschen, auf umweltfreundlichere Weise zur Arbeit zu gelangen." In diesem Rahmen gründeten die Studenten das Startup Emito, welches nun die finale Runde für den "Most Innovative Student 2023" erreicht hat.   

Tillema sieht an vielen Orten solch außergewöhnlichen Projekte entstehen. So hat die Architekturfakultät der TU Eindhoven zusammen mit der Gemeinde Helmond den Brainport Smart District entwickelt. Nach Ansicht des Dozenten soll dies das innovativste Wohnviertel der Welt werden. "Dieser Stadtteil wird seinen gesamten Energieverbrauch selbst decken, und die Bewohner ziehen es vor, kein eigenes Auto zu besitzen. Sie gehen hauptsächlich zu Fuß und fahren mit dem Fahrrad - eine gesunde Gemeinschaft also", sagt Tillema.  

Schneller und sicherer mit dem Fahrrad  

Tillema hofft daher auch auf den Aufstieg des Fahrrads und darauf, dass das Auto immer seltener gebraucht wird. "Ich selbst fahre zum Beispiel oft auf der Fahrradautobahn (der F35 in Twente) - fantastisch! Sie ist zwar unglaublich langweilig (wie eine normale Autobahn), aber ohne Ampeln, Kreisverkehre und Autos kann man die Strecke in der Hälfte der normalen Zeit zurücklegen."  

Auch die Fahrradstraße hält er für eine großartige Erfindung. "Man sieht solche Straßen immer häufiger. Ein idealer Ort, um Kindern das Radfahren beizubringen. Autos fahren dort zwar, aber sie sind lediglich Gäste und haben keinen Vorrang." Nach Ansicht des Dozenten sollte mehr in die Fahrradinfrastruktur investiert werden. "Nicht nur die Fahrradautobahnen werden immer voller, auch die Radwege in der Stadt. Sogar so voll, dass der Radfahrerverband darauf hingewiesen hat, dass wir die Leute vielleicht dazu ermutigen sollten, weniger mit dem Rad zu fahren und mehr zu Fuß zu gehen."  

Elektroautos  

Und Elektroautos? "Ja, wenn wir auf der Straße unterwegs sind, dann fahren wir elektrisch. Ich liebe es! Es ist geräuschlos, sparsam und fährt gut. Außerdem ist die Ladeinfrastruktur in den Niederlanden gut, vor allem auf den Autobahnen gibt es viele Lademöglichkeiten. Und wenn man dann noch Solarzellen auf dem Dach hat, ist das wirklich toll. Dann fährt man mit Ökostrom, CO₂-frei. Aber noch längst nicht jeder kann sich ein Elektroauto leisten. Das ist ein großes Problem."   

Die Elektrifizierung der Mobilität macht große Sprünge und das elektrische Fahren wird sich durchsetzen, auch wenn es im Moment noch nicht überwiegt. Und das erfordert Anpassungen, denn die Strecken, die man batteriebetrieben fahren kann, sind kürzer als bei Verbrennungsmotoren. Für das Pendeln ist das laut Tillema in der Regel in Ordnung, aber wenn man im Winter in die Berge zum Skifahren fahren will, muss man mehr Zeit zum Aufladens einplanen. Ob die Batterien größer werden? Tillema hofft nicht. "Es hat sich gezeigt, dass Autos mit einer kleineren Batterie, die man öfter auflädt, besser für die Umwelt sind. Und mit diesen Batterien kommen die meisten Leute, ohne extra aufzuladen, weit genug, um zur Arbeit und zum Einkaufen zu fahren. Und wenn es dann doch mal nötig ist, schließt man irgendwo ein Schnellladegerät für zehn Minuten an". Tillema ist der Ansicht, dass das zusätzliche Aufladen während der Fahrt in den Urlaub dann einfach dazugehört. Außerdem steigt mit einer größeren Batterie auch der Anschaffungspreis enorm an, die Frage ist, ob sich das lohnt.   

In einer dynamischen Zeit  

Der Dozent sieht eine rasante Entwicklung der Mobilität. "Ich bin besonders neugierig darauf, wie diese Entwicklung stattfinden wird. In meinem Lehrbereich ging es noch nie so dynamisch zu wie heute. Wie werden sich zum Beispiel die Kaufpreise für Elektroautos entwickeln und sind die Menschen bereit, den Übergang mitzumachen?" Neben seiner Arbeit bei der HAN engagiert sich Tillema unter anderem für das Gelders Energieabkommen. Dabei handelt es sich um eine öffentlich-private Netzwerkorganisation, die Unternehmen und Behörden bei der Energiewende unterstützen soll. "Aber auch außerhalb der Niederlande und Europas tut sich viel", erklärt er. Tillema sieht zum Beispiel viele neue Automarken aus den östlichen Teilen der Welt zum Vorschein kommen. "Zum Beispiel aus Vietnam und China, die ebenfalls versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen", sagt er. "Als Autoliebhaber macht es viel Spaß, das alles zu sehen. Alles in allem eine besondere Zeit", so der Dozent abschließend.

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