Branchen & Märkte

Kubas Bankwesen: Aktuelle Situation und Herausforderungen

30.09.2024

Mehr als 97 Prozent der in Kuba gewährten Finanzierungen gehen an Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten. Der fehlende legale Devisenmarkt ist ein Thema.

Gerade einmal zwischen zwei und drei Prozent der Finanzierungen kubanischer Banken fließen an natürliche Personen. Das schließt Selbstständige (trabajadores por cuenta propia) und Einzel-Landwirte ein, die Eigentümer von Land sind oder dieses im Nießbrauch bewirtschaften. Diese Zahlen nannten Vertreterinnen der kubanischen Zentralbank in der Sendung Mesa redonda Ende September, in der es um die Situation und die Perspektiven des kubanischen Bankwesens ging.

„Eine der wichtigsten Aktivitäten, die wir im Moment fördern, ist der Agrarkredit“, erklärte Zentralbank-Chefin Juana Lilia Delgado Portal. Ihre Beraterin Ileana Estévez Bertematy ergänzte, dass Kubas Bankensystem zwischen 45 und 50 Prozent der Erzeuger in die Finanzierung der landwirtschaftlichen Produktion einbezieht. Dies umfasse die verschiedenen Formen der Bewirtschaftung in der Landwirtschaft: Einzelbauern, Kredit- und Dienstleistungsgenossenschaften, landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften und andere. „Die derzeitige wirtschaftliche Lage des Landes hat zu einigen Ausfällen in diesem Sektor geführt, so dass die Banken gezwungen waren, langfristige Kredite mit sehr niedrigen Zinssätzen umzuschulden, was zu Einschränkungen bei neuen Geschäften führt“, erklärte Estévez Bertematy.

Als eine „weitere wichtige Erfahrung“ in dem Sektor bezeichnete sie die 2021 geschaffene Bank für landwirtschaftliche Entwicklung (Banca de Fomento Agrícola). „Dieser Fonds wird vom Bankensystem verwaltet, um einer Gruppe von Erzeugern, die präferenzierte Interessen haben, Erleichterungen zu gewähren“, so Estévez Bertematy. Dazu gehörten Produkte wie Zuckerrohr, Reis, verschiedene Feldfrüchte, Schweine- und Viehzucht.

Estévez Bertematy erklärte, dass die Finanzierung derzeit stark auf den produktiven Sektor konzentriert ist. „Mehr als 97 Prozent der in unserem Land gewährten Finanzierungen sind für Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten bestimmt, insbesondere in den Bereichen Handel, Reparaturen, gastronomische Dienstleistungen, Produktion und Landwirtschaft.“

Herausforderungen und geplante Projekte

Entsprechend der aktuellen Situation des Landes und im Rahmen des Innovationsprozesses des nationalen Bankensystems werde ein Projekt zur Einrichtung einer Entwicklungsbank entwickelt, um die wichtigsten wirtschaftlichen Aktivitäten zu stärken, erklärte Estévez Bertematy, ohne Einzelheiten zu nennen. Auch arbeite man mit Unterstützung internationaler Institutionen an einem „grünen“ Bankwesen (Green Banking), um „die Auswirkungen und Schäden für die Umwelt zu mildern“.

Die Präsidentin der Zentralbank, Delgado Portal, erklärte ihrerseits, dass die größte Herausforderung in der Bewältigung der Auswirkungen der US-Blockade gegen Kuba liegt. Die Situation habe sich durch die Aufnahme Kubas in die US-Liste der Länder, die mutmaßlich Terrorismus unterstützen, verschärft. Ex-US-Präsident Donald Trump hatte Kuba am 12. Januar 2021, nur wenige Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, wieder auf besagte Terrorliste gesetzt. Dadurch werden Handel, Finanztransaktionen und Kreditvergabe gegenüber dem ohnehin mit einer Blockade belegten Karibikstaat automatisch weiter eingeschränkt. Der aktuelle US-Präsident Joseph Biden hat bis heute keine Anstalten gemacht, diese Entscheidung zu revidieren.

Als weitere Herausforderungen nannte Delgado Portal verstärkte Maßnahmen, um zu verhindern, dass das kubanische Bankensystem für illegale Finanzgeschäfte genutzt wird, der technologischen Veralterung zu begegnen, die Notwendigkeit, die Infrastruktur des Bankensystems zu stärken, und die weitere Digitalisierung der Bankgeschäfte. Zum Abschluss sagte die Zentralbank-Chefin einen Satz, bei dem viele aufgehorcht haben dürften: „Zurzeit arbeiten wir intensiv an der Einführung eines Mechanismus für die Zuteilung und Verwaltung von Devisen und an der Einführung eines Devisenmarktes im Land.“

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