Deutschland
Umfrage

Deutsche Unternehmen stellen sich auf schlechtere Geschäfte ein

15.07.2022

Die Geschäftserwartungen in der deutschen Wirtschaft haben sich in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt.

Dies ist eines der Ergebnisse der bundesweiten IHK-Konjunkturumfrage für den Frühsommer, für die der DIHK die Rückmeldungen von insgesamt mehr als 25.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen ausgewertet hat. Demnach rechnet ein Drittel der Unternehmen mit einer Verschlechterung der Geschäfte in den nächsten zwölf Monaten, nur 19 Prozent erwarten eine Verbesserung.

"Das ist noch einmal ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Jahresbeginn, als es sich bereits abzeichnete, dass es für viele ein sehr schwieriges Jahr werden würde", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben in der Pressemitteilung. "Selbst wenn der russische Krieg in der Ukraine hoffentlich bald beendet sein sollte, hoffen wir aufgrund von Lieferkettenproblemen und hohen Energie- und Rohstoffpreisen auf ein Wachstum von maximal ein bis 1,5 Prozent in diesem Jahr. Dieses magere Ergebnis können wir nur erreichen, weil wir noch eine gewisse konjunkturelle Erholung aus dem Vorjahr mitnehmen und es in der Gastronomie und im Tourismus derzeit wieder besser läuft."

Besonders dramatisch haben sich die Geschäftserwartungen im Baugewerbe und in der Industrie verschlechtert. Im Baugewerbe rechnen 44 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung und nur sieben Prozent mit einer Verbesserung der Geschäfte. Auch in der Industrie ist das Verhältnis von Pessimisten (37 Prozent) zu Optimisten (14 Prozent) bei den eigenen Geschäftserwartungen überdurchschnittlich schlecht. "Einen solchen Stimmungseinbruch in der Industrie haben wir bisher nur während der Finanzkrise und der ersten Sperre im Jahr 2020 erlebt", sagte Wansleben. Besorgniserregend sei, dass viele Unternehmen angesichts der eingetrübten Geschäftsaussichten ihre Investitionspläne wieder deutlich reduzieren und vor allem bei Produktinnovationen Abstriche machen müssen. Auch die Personalpläne sind zurückhaltender.

Industrie und Bauwirtschaft überdurchschnittlich stark betroffen

Die Industrie und das Baugewerbe sind von den stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen besonders stark betroffen. Aber auch in der Gesamtwirtschaft erreicht dieses Geschäftsrisiko ein historisch negatives Niveau. "Wir sehen hier noch höhere Werte als zu Beginn des Jahres, als wir bereits Risikowerte ermittelt hatten, die vorher nicht bekannt waren", sagt Wansleben. Über alle Branchen und Regionen hinweg bezeichnen derzeit 78 Prozent der Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als eines ihrer größten Geschäftsrisiken. In der Industrie sind es sogar 93 Prozent, im Baugewerbe 91 Prozent.

Branchen, die besonders unter galoppierenden Energiepreisen oder zunehmenden Problemen in der Lieferkette leiden, berichten zunehmend von finanziellen Schwierigkeiten. Während auf dem Höhepunkt der Pandemie eher Einzelhandels- und Tourismusunternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, sind nun auch immer mehr Industrieunternehmen und Logistikunternehmen betroffen.

"Wir müssen aufpassen, dass es hier nicht ins Rutschen kommt und wir Kernbranchen verlieren", so Wansleben. Im Güterkraftverkehr ist die Zahl der Unternehmen mit finanziellen Problemen im Vergleich zum Jahresbeginn um zehn Prozentpunkte auf 52 Prozent gestiegen, in der chemischen Industrie sind es 29 Prozent (plus fünf Prozentpunkte), in der Gummi- und Kunststoffindustrie 36 Prozent (plus sieben Prozentpunkte) und in der Metallerzeugung und -verarbeitung 41 Prozent (plus sechs Prozentpunkte).

"Unternehmen erwarten jetzt neue Impulse von der Politik"

"Corona-Sperren, anhaltende Turbulenzen in der Lieferkette und nun die Folgen eines Krieges: Viele Unternehmen erleben bereits den dritten Kriseneinbruch in Folge", so Wansleben. "In den Hochwasserregionen ist es sogar der vierte Schock in weniger als drei Jahren. Selbst die Unternehmen, die bisher glimpflich davongekommen sind, erwarten jetzt neue Impulse von der Politik. Sie fühlen sich durch zusätzliche Bürokratie und Vorschriften belastet, die noch aus der Zeit vor der Krise stammen. Unsere gesamte Wirtschaft braucht Entlastung und klare Entscheidungen der Politik - vor allem in Brüssel mit dem Blick für das Wesentliche. Denn die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind trotz aller Chancen enorm.“

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