40.000 Fußball-Fans, die mit einer „Oranje-Parade“ durch Hamburg ziehen und die Innenstadt in ein Meer aus Orange verwandeln – wenn es neben dem Pokal für den besten europäischen Fußballclub auch einen Preis für die besten Fans gäbe, dann stünde seit dem niederländischen Fan Walk vor dem ersten EK-Spiel schon seit Turnierbeginn fest, welche Fans unangefochtene Europameister sind: natürlich die Niederlande. In den deutschen Medien und auf Social Media wurden und werden die Fans aus den Niederlanden für ihre friedliche (!) „Holland-Ekstase“ gefeiert und für ihre „unschlagbare Form“. Und für die bundesweit erscheinende Bildzeitung ist allein wegen dieser Bilder „die EM 2024 in Deutschland schon jetzt eine der besten aller Zeiten.“ Und so wird es auch wieder vor dem Viertelfinale eine gigantische Oranje-Party geben. Nach Hamburg, Leipzig und München diesmal in Berlin. Der niederländische Partyhit „Links Rechts“ von Snollebollekes, der seit neun Jahren auf jeder holländischen Party gespielt wird, hat es jetzt auch in die deutschen Charts geschafft und ist zum inoffiziellen Song der EM 2024 geworden.
Dabei bringen die Niederländer nicht nur gute Laune und Partystimmung nach Deutschland, sondern sind auch ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor. Und könnten in Deutschland für ein zweites Sommermärchen sorgen, wie im Jahr 2006 als Deutschland Gastland der Fußballweltmeisterschaft war. Damals befand sich Deutschland, ähnlich wie heute, in einer wirtschaftlichen Stagnation und erhoffte sich von der Ausrichtung dieses sportlichen Großevents neue Wachstumsimpulse. Rund 1,3 Millionen Touristen kamen damals aus dem Ausland und gaben mehr als eine Milliarde Euro aus. Darunter auf Grund der geografischen Nähe und Begeisterung natürlich viele Niederländer.
650.000 Fußballtouristen aus dem Ausland werden erwartet
Wechen Einfluss haben sportliche Großevents wie WM und EM, um einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung einzuleiten? Rund 650.000 Fußballtouristen aus dem Ausland werden während des Turniers erwartet – viele davon aus den direkten Nachbarländern. Hinzu kommen noch die ausländischen Fußball-Fans, die kein Ticket für die Spiele haben, aber die Fanmeilen in den zehn Spielstätten besuchen. Zusammen mit den 2,8 Millionen einheimischen Besuchern hoffen Branchen wie Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel bis zum Finale am 14. Juli von der EM zu profitieren. Mehreinnahmen in Höhe von einer Viertelmilliarde Euro prognostiziert das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle für Gastgewerbe und Einzelhandel. Ein dickes Plus ist den Bierbrauern sicher: Fußball und Bier gehören zusammen. Und laut Deutschem Brauerbund (DBB) stieg der Bier-Umsatz während der letzten Heim-WM um fünf Prozent.
Boom-Faktor Optimismus
Auch wenn sportliche Großevents wie WM und EM verschiedenen Untersuchungen zufolge kein nennenswertes nachhaltiges Wirtschaftswachstum ankurbeln, so ist doch unbestritten, dass es einen Boom-Faktor Optimismus gibt. Schon Ludwig Erhard, Vater des deutschen Wirtschaftswunders, wusste: „50% der Wirtschaft ist Psychologie“ – und neben den direkten ökonomischen Auswirkungen in Form von Umsatzsteigerungen in diversen Branchen dürfte diesmal sicherlich auch wieder der "Feel-Good-Effekt" eine Rolle spielen, wie bei der WM 2006: Die positive Stimmung im Land, ausgelöst durch die EM und eine Nationalelf, der man wieder gerne beim Kicken zuschaut, kann die Konjunkturstimmung weiter in Schwung bringen. Wie 2006, als Deutschland mit Gastfreundlichkeit und Euphorie nicht nur ausländische Touristen, sondern auch die Einwohner selbst begeisterte – auch noch lange nach dem Ausscheiden der Manschaft.
Text: Janine Damm