In Arbeitsverträgen nach niederländischem Recht finden sich oft nachvertragliche Wettbewerbsverbote. Das ist nicht immer vorteilhaft.
In Arbeitsverträgen nach niederländischem Recht trifft man häufig nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit sehr hohen Vertragsstrafen an. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass solche nachvertraglichen Einschränkungen Arbeitgeber nichts kosten.
Insbesondere sind Arbeitgeber nach niederländischem Recht weder verpflichtet als Gegenleistung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eine Karenzentschädigung zuzusagen, noch eine solche zu zahlen. Das hat allerdings mehrere praktische Nachteile.
Wettbewerbsverbot muss schriftlich begründet werden
Es kommt nämlich relativ häufig zu einstweiligen Verfügungsverfahren vor Gericht, mit denen Arbeitskräfte die Feststellung begehren, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht gilt. Es behindert die Arbeitskräfte in ihrer Entwicklung und schränkt zudem andere Unternehmen, die qualifizierte Arbeitskräfte in ihrem Bereich suchen, ein.
Das wiederum führt dazu, dass in der Praxis Ablösen an den ehemaligen Arbeitgeber gezahlt werden. Daraus könnte man schließen, dass die Arbeitskraft wohl doch nicht so wettbewerbsgefährlich war, wie von dem ehemaligen Arbeitgeber behauptet, und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot daher nicht zum Schutz des ehemaligen Arbeitgebers erforderlich ist.
Im Jahr 2015 hat der niederländische Gesetzgeber einen Versuch unternommen, Arbeitskräfte mehr vor der automatischen Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zu schützen. Seither ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots in einem befristeten Arbeitsvertrag, dass eine schriftliche Begründung zu dem Wettbewerbsverbot aufgenommen wird. Aus dieser muss sich ergeben, welche schwerwiegenden betrieblichen oder dienstlichen Interessen des Arbeitgebers das nachvertragliche Wettbewerbsverbot rechtfertigen.
Gerichtsurteil stellt bisherige Praxis in Frage
Solche schwerwiegenden betrieblichen Gründe konnte man bei gehobenen Positionen und Arbeitskräften, die mit der Anwerbung von Kunden betraut sind, aus der Aufgabenstellung heraus häufig gut begründen. Bisher jedenfalls. Nach einer Entscheidung des niederländischen Amts- und Landgerichts Midden-Nederland vom 04.12.2018 (ECLI:NL:RBMNE:2018:5960, Quelle: www.rechtspraak.nl) könnte sich dies jedoch bedeutend ändern.
Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die Arbeitgeberin ihre schwerwiegenden betrieblichen Interessen für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots relativ ausführlich begründet hat. So hatte sie unter anderem folgendes in der schriftlichen Begründung aufgenommen: Es gehöre zu den Aufgaben der Arbeitskraft, die auch mit der Werbung und der Betreuung von Kunden betraut sei, vertrauliche Informationen und alle wesentlichen Betriebsdaten wie zum Beispiel Kunden- und Geschäftsbeziehungen, CRM-Systeme, Preisvereinbarungen und die betriebliche Organisation zur Kenntnis zu nehmen.
Eine Auflistung der Arbeitgeberinteressen reicht nicht aus
Auch würde die Arbeitskraft Kenntnis von Einkaufspreisen, Handelspolitik und -strategie, Arbeitsweisen, Innovationen und Know-how erlangen. Diese vertraulichen Informationen und wesentlichen Betriebsdaten seien wesentlich für das Unternehmen der Arbeitgeberin. Falls Wettbewerber Kenntnis von diesen vertraulichen Informationen erlangen würden, würde die Arbeitgeberin erhebliche Schäden erleiden. Die Arbeitgeberin hatte sich zudem die Mühe gemacht, eine Definition von Wettbewerbern zu versuchen.
All dies reichte dem Gericht aber nicht. Es legt die gesetzliche Formulierung, dass ‚ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam sei, es sei denn …‘, dahingehend aus, dass hohe Anforderungen an die Begründung der schwerwiegenden Gründe zu stellen seien. Aus der Gesetzesgeschichte ergebe sich, dass es sich um eine Arbeitskraft handeln müsse, die besondere Aufgaben erledigt oder auf einer besonderen Stelle tätig ist. Die allgemeine Auflistung von Interessen der Arbeitgeberin, wie zum Beispiel ‘Kenntnis des Kundenstamms und vieler Betriebsabläufe’, würden daher nicht ausreichen, weil dies für viele Arbeitgeber gelten würde. Zudem werde nicht hinreichend deutlich, weshalb es gerade der konkrete Arbeitgeber sei, der von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu schützen sei.
Risiken müssen einkalkuliert werden
Obwohl die Praxis der automatischen Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten abzulehnen ist, weil sie sowohl den Wettbewerb als auch den Arbeitsmarkt schadet, so mag die Begründung des Gerichts doch nicht überzeugen. Es lässt sich nämlich weder dem niederländischen Gesetzestext noch der Gesetzesbegründung entnehmen, dass die Möglichkeit der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in befristeten Arbeitsverträgen nur wenigen, besonders ausgewählten Arbeitgebern zustehen soll.
Die Entscheidung ist in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen. Abzuwarten bleibt, ob andere Gerichte ihr nachfolgen. Bis dahin sollten nachvertragliche Wettbewerbsverbote in befristeten Arbeitsverträgen noch sorgfältiger als bisher erwogen und formuliert werden. Zudem sollte das Risiko einkalkuliert werden, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot trotzdem nicht wirksam ist.
DNHK, Ulrike Tudyka